Jan-Philipp Litza

Betriebsausflug in die Museenwelt Bremens

Nach fast 4 Jahren in Bremen habe ich gestern das erste Mal ein „echtes“1 Museum in Bremen von innen gesehen. Wir waren nämlich auf Betriebsausflug im Überseemuseum und im Hafenmuseum Speicher XI. Im Überseemuseum begannen wir mir einer Führung durch einen Teil des riesigen Komplexes, der unter anderem die Geschichte ehemaliger deutscher Kolonien in Ozeanien, die uns fremde Kultur Asiens, Effekte und Gründe der Globalisierung und Faszinationen der Biologie ausstellt. Ich hatte das Problem, das ich mit den meisten Museen hatte: Viel Fläche, viel Ausstellungsstück und ich wusste nicht, wo ich als erstes (oder als nächstes) hingucken sollte. Eine Führung hilft da zwar (und liefert Informationen, die sonst auf den diversen Infotafeln „versteckt“ sind), dafür musste ich mich teilweise entscheiden, ob ich der Führung folgen oder dieses eine Detail jetzt doch genauer angucken möchte während die Führerin andererorts Details erzählte die mich gar nicht interessierten. Aber die Details, die mich interessieren, so dachte ich mir, könnte ich ja später noch in Ruhe angucken.

Das war dann allerdings nicht der Fall, denn nach der Führung trafen wir unsere „Kontaktperson“ des Überseemuseums wieder (das Überseemuseum war wohl mal netzwerktechnisch mit der Universität verbunden, sodass dieser Mitarbeiter einige aus dem Zentrum für Netze kannte) und die bot uns an, noch eine Tour in den Serverraum des Museums zu machen. Und obwohl selbst einige der sonst so technikaffinen Mitarbeiter protestierten, dass Serverräume doch eh überall gleich aussähen und man schließlich im Museum interessantere Sachen sehen könnte, gingen wir in den Keller. Der Serverraum war dann auch wirklich unspektakulär – so viele Computer sind dann eben doch nicht im Museum. Doch im Keller gab es noch mehr…

Das Überseemuseum hat, für diejenigen die noch nie dort oder überhaupt in Bremen waren, ein sogenanntes Schaumagazin, also ein Magazin (Lager), das man ganz normal besichtigen kann. Das ist schon beeindruckend genug, da dort z.B. hunderte Insekten auf einem Haufen ausgestellt sind, von den winzigen die man kaum unterscheiden kann bis zu den großen schönen Faltern mit glänzenden Flügeln. Oder Schiffsmodelle, die gerade nicht in die Ausstellung passen. Oder, oder, oder… Doch natürlich hat es auch ein normales Magazin, da das Zugänglich-Machen und Sichern der Objekte im Schaumagazin natürlich auch Arbeit und Geld kostet. Und in diesem nicht-öffentlichen Magazin waren wir. Und es war sehr interessant, dem Museum auf diese Art quasi hinter die Kulissen zu schauen.

Diverse Vogelmodelle, die zur Reinigung zeitweilig aus den Schränken hervorgekommen sind.
Diverse Vogelmodelle, die zur Reinigung zeitweilig aus den Schränken hervorgekommen sind.

Natürlich mutet mancher Anblick, der ja nicht für Besucher gedacht ist, auch etwas skurril an:

Klar, ein Museum braucht ausgestopfte Vögel. Aber 32 mal die selbe Art?
Klar, ein Museum braucht ausgestopfte Vögel. Aber 32 mal die selbe Art?
Ich fühlte mich etwas angeguckt.
Ich fühlte mich etwas angeguckt.

Nach dem Besuch von 3 verschiedenen Magazinen (größere Tiermodelle inkl. riesige Knochen eines Wals, Vögel und Insekten) war leider keine Zeit mehr nur so im Museum herumzuschländern. Schade, aber das kann ich ja nochmal nachholen.

Nach einem Mittagessen ging es weiter ins nächste Museum, ins Hafenmuseum im Speicher XI. Dort wurde ich weniger erschlagen von der Zahl der Ausstellungsstücke und fühlte mich irgendwie wohler. Auch hier bekamen wir eine Führung, stilecht von einem alten Seemann. Der erzählte uns von der Geschichte des Bremer Hafens, der früher sehr viel erfolgreicher als heute und weltbekannt für das hier erfundene „Bremer System“ war, den Kran auf nur einer Schiene direkt am Kai und mit einer zweiten am Schuppendach zu betreiben, um zwischen Schuppen und Kai mehr Platz für Eisenbahnschienen zu haben. Außerdem ging es um die Weserbegradigung, die der Versandung vorbeugen sollte, und was so ein Hafenarbeiter eigentlich an einem Tag leisten musste – kaum vorstellbar in unserer modernen Zeit, in der körperliche Arbeit quasi zur Rarität geworden ist, wie ich finde.

Ebenfalls interessant fand ich, dass es dem ersten Bürgermeister Bremens, Wilhelm Kaisen, zu verdanken ist, dass Bremen sich nun kleinstes Bundesland der Bundesrepublik nennen darf. Der war es nämlich, der gegen die Pläne der britischen Besatzer arbeitet, die Bremen als Hafen zugunsten von Hamburg aufgeben wollten, und daher mit den Amerikanern verhandelte, die Bremen samt Bremerhaven schließlich zu Ihrem Nachschubhafen machen. Die Bürokratie wollte es so, dass Bremen deshalb zu „einem als Land zu bezeichnenden Verwaltungsgebiet“ wurde, wie Wikipedia es (aus unbekannter Quelle) zitiert.

Sehr sehenswert ist ein großer Raum im Museum, auf dessen Boden ein Luftfoto vom Bremen der 70er Jahre aufgebracht ist. Dort kann man sehen, wie Bremen eigentlich aussah, bevor eines der drei Hafenbecken (der Überseehafen) vor ca. 15 Jahren zugeschüttet wurde. Wie weit die einzelnen Häfen Bremens (die ich noch nicht alle mit eigenen Augen gesehen habe) eigentlich auseinander liegen. Unsere Wohnung war leider um Haaresbreite (oder 2 Häuserblöcke, je nach Maßstab) nicht mit drauf.

Alles in allem also ein sehr schöner Freitag in der Geschichte Bremens und der Welt. Leider war es wohl mein letzter Betriebsausflug mit dem ZfN, da ich vermute in einem Jahr nicht mehr dort zu arbeiten, sondern hoffentlich in den Endzügen meiner Masterarbeit stecke. Wie die Zeit vergeht…

  1. Unseren Besuch im Universum zähle ich in diesem Sinne als „unechtes“ Museum.